Wort zum Sonntag:

„Du hast/ bist gewählt“

Wenn wir als Jungs auf der Wiese Fußball gespielt haben, wurden von allen demokratisch erst einmal die zwei stärksten Spieler gewählt. Dann durften diese immer abwechselnd ihre Mitspieler wählen. Ich konnte nur hoffen, möglichst bald gewählt zu werden. Wenn ich als letzter aufgerufen wurde, war ich nicht gut genug. Dann war ich oft in der Mannschaft von einem starken, egoistischen Torjäger, der immer den Ball nur für sich forderte. Ich stand dann oft nur herum und wir verloren. Daraus lernte ich: Manchmal hätten wir besser nicht dem stärksten Torschützen die Macht überlassen sollen. Meistens war es besser, dem stärksten Teamplayer die Macht zu übergeben. Der hat uns alle stark gemacht.

Was hat das mit Glauben zu tun? Jesus sagt seinen Jüngerinnen und Jüngern: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch auf den Weg macht und Frucht bringt - Frucht, die bleibt.“ (Johannes 15,16)

Ich lerne daraus: 1. Gott hat die Macht und das letzte Wort. Nicht die scheinbar starken Egoisten dieser Welt. Das nimmt mir die Angst.

2. Für Gott bist ich immer gut genug. Er kann mich brauchen. Das macht mich stark.

3. Wir werden am Ende nur als Team gewinnen, weil für Gott die Mannschaft zählt, die die vielen unterschiedlichen Menschen zu einer Gemeinschaft zusammenschweißt.

Du bist gewählt!

Pfarrer Hartmut Babucke, Johanneskirche Kempten und Buchenberg

„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 22./23. Februar 2025

 

Die Rose von Jericho

Heute fand wieder das Gespräch des Monats in der Markuskirche statt. Eingeladen war Frau Dekanin Löser, die uns eine Rose von Jericho mitgebracht hatte. Viele kennen dieses Naturphänomen einer Pflanze, die im Wüstensand vom Wind dahingerollt wird und fast aussieht wie ein Stein, aber sobald diese Pflanze etwas Wasser bekommt, öffnet sie sich und es erscheint mit der Zeit eine grünende Pflanze.

Frau Löser fragte uns, was uns in Wüstenzeiten überleben lässt und was uns Hoffnung macht. Und so kamen wir ins Gespräch. Viele Teilnehmende sind im Krieg oder nur wenige Jahre danach geboren und können auf ein langes Leben zurückblicken. Dankbarkeit wurde genannt, als das, was uns trägt. Dankbarkeit für Überleben in schwierigen Zeiten, für schöne Begegnungen, für Familie, für die Natur. Dankbarkeit für die Erfahrung, geliebt und gewollt zu sein, wenn nicht von der Familie, dann doch von Gott. Auch Neugier wurde genannt. Besonders berührt hat mich dabei die Anmerkung, dass der Winter für die Natur auch eine kreative Seite hat. Vieles, was dann im Frühjahr erblühen wird, bereitet sich im Winter vor. Wir können nur nicht sehen, was da passiert, aber da bewegt sich ganz viel.

Ich glaube, diese Bilder sind es, die mich gerade tragen. Da ist etwas im Gange, das wir vielleicht im Moment noch nicht sehen, aber das sich darauf vorbereitet aufzubrechen. Und wir sehnen uns danach, dass es wieder Frühling wird. Nicht nur in der Natur, sondern auch in der Gesellschaft. Wir sehnen uns nach menschlicher Wärme, nach echten und achtsamen Begegnungen, nach Buntheit, nach grüner Hoffnung. Wir sehnen uns nach einem Gott, der sich mitten unter uns zeigt. Jeden Tag, so meinte einer der Teilnehmerinnen, kann sie mindestens ein Wunder Gottes sehen. Im glitzernden Frost in der Sonne oder in einem Gespräch. In der Begegnung mit Menschen, die positiv denken oder in Menschen, die einfach da sind, wenn man Hilfe braucht. Dieses Gespräch war wie Wasser für meine Seele und ich habe gemerkt, wie in mir wieder etwas aufbrechen will. Der Mut, eine Blüte im nächsten Frühling zu werden.

Pfarrerin Sonja von Kleist, Markuskirche Kempten

„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 8./9. Februar 2025

 

 

Wasser des Lebens

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wasser ist nicht gleich Wasser! – das zeigt die Begegnung zwischen Jesus und einer Samariterin am Jakobsbrunnen. Obwohl es zwischen Juden und Samaritern Rivalitäten gab, entwickelte sich zwischen den beiden ein sehr intensives Gespräch, von dem wir heute noch profitieren können.

Wasser ist eben nicht gleich Wasser! Aber die beiden reden in dieser Geschichte in Joh. 4 nicht von Krumbacher oder Adelholzener oder Algäuer Wasser. Sie diskutieren auch nicht darüber, ob Jerusalemer oder Samarien-Heimer besser ist, Brunnen- oder Jordanwasser. Es geht nicht um Mineralwasser-Sorten, sondern um Wasser, das unseren echten Durst stillen kann. Es geht nicht um unseren „Kehlen-Durst“, sondern um unseren „Seelen-Durst“. Um unseren Durst nach Leben!

Zuerst reden die beiden eine Zeit lang aneinander vorbei, bis die Frau begreift, dass Jesus einen ganz anderen Durst meint, einen inneren Durst. Jesus redet von einer Sehnsucht – von der Suche nach Leben und Sinn!

Dabei geht es nicht um die manchmal so belanglosen Alltagsfragen. Nein, es geht um die großen Fragen unseres Lebens: „Wo komme ich eigentlich her?“ oder „Wo gehe ich einmal hin?“ oder „Was gibt meinem Leben Halt und Sinn?“ Um darauf eine Antwort zu finden, braucht es kein Leitungs- oder Brunnenwasser, sondern lebendiges Wasser, Wasser des Lebens!

Jesus sagt zu der Frau: „Wer von diesem Brunnenwasser trinkt, wird wieder Durst bekommen. Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, die bis ins ewige Leben fließt.“ Das, was Jesus der Frau anbietet, ist etwas, von dem man nicht nur leben, sondern mit dem man auch sterben kann. Wasser des Lebens ist eine lebendige Hoffnung für das Leben im Hier und Jetzt und darüber hinaus für das Leben in der Ewigkeit!

Ich kann die Reaktion der Frau auf das Wasser, das Jesus ihr anbietet, so gut verstehen. Ganz klar sagt sie: „Herr, gib mir dieses Wasser!“ Wenn ich ehrlich bin, dann ist das auch für mich die einzig logische Reaktion auf Jesu Angebot. Denn eine lebendige Hoffnung, die brauche ich gerade hier und jetzt bei all dem, was auf mich einströmt. Und die brauche ich auch im Blick darauf, dass mein Leben endlich ist. Ich brauche Wasser, das meinen Durst nach Leben stillt!

Eine gesegnete Woche wünscht Ihnen Ihr Sebastian Strunk

Pfarrer Sebastian Strunk, Markuskirche Kempten / Altusried

„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 25./26. Januar 2025