Wasser des Lebens
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wasser ist nicht gleich Wasser! – das zeigt die Begegnung zwischen Jesus und einer Samariterin am Jakobsbrunnen. Obwohl es zwischen Juden und Samaritern Rivalitäten gab, entwickelte sich zwischen den beiden ein sehr intensives Gespräch, von dem wir heute noch profitieren können.
Wasser ist eben nicht gleich Wasser! Aber die beiden reden in dieser Geschichte in Joh. 4 nicht von Krumbacher oder Adelholzener oder Algäuer Wasser. Sie diskutieren auch nicht darüber, ob Jerusalemer oder Samarien-Heimer besser ist, Brunnen- oder Jordanwasser. Es geht nicht um Mineralwasser-Sorten, sondern um Wasser, das unseren echten Durst stillen kann. Es geht nicht um unseren „Kehlen-Durst“, sondern um unseren „Seelen-Durst“. Um unseren Durst nach Leben!
Zuerst reden die beiden eine Zeit lang aneinander vorbei, bis die Frau begreift, dass Jesus einen ganz anderen Durst meint, einen inneren Durst. Jesus redet von einer Sehnsucht – von der Suche nach Leben und Sinn!
Dabei geht es nicht um die manchmal so belanglosen Alltagsfragen. Nein, es geht um die großen Fragen unseres Lebens: „Wo komme ich eigentlich her?“ oder „Wo gehe ich einmal hin?“ oder „Was gibt meinem Leben Halt und Sinn?“ Um darauf eine Antwort zu finden, braucht es kein Leitungs- oder Brunnenwasser, sondern lebendiges Wasser, Wasser des Lebens!
Jesus sagt zu der Frau: „Wer von diesem Brunnenwasser trinkt, wird wieder Durst bekommen. Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, die bis ins ewige Leben fließt.“ Das, was Jesus der Frau anbietet, ist etwas, von dem man nicht nur leben, sondern mit dem man auch sterben kann. Wasser des Lebens ist eine lebendige Hoffnung für das Leben im Hier und Jetzt und darüber hinaus für das Leben in der Ewigkeit!
Ich kann die Reaktion der Frau auf das Wasser, das Jesus ihr anbietet, so gut verstehen. Ganz klar sagt sie: „Herr, gib mir dieses Wasser!“ Wenn ich ehrlich bin, dann ist das auch für mich die einzig logische Reaktion auf Jesu Angebot. Denn eine lebendige Hoffnung, die brauche ich gerade hier und jetzt bei all dem, was auf mich einströmt. Und die brauche ich auch im Blick darauf, dass mein Leben endlich ist. Ich brauche Wasser, das meinen Durst nach Leben stillt!
Eine gesegnete Woche wünscht Ihnen Ihr Sebastian Strunk
Pfarrer Sebastian Strunk, Markuskirche Kempten / Altusried
„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 25./26. Januar 2025
Geheimnisvolle Türen
Waren Sie schon einmal in einem Escape Room? Eingeschlossen hinter einer Tür zusammen mit anderen? Menschen feiern Geburtstage oder Weihnachtsfeiern in Escape Rooms und lassen sich gemeinsam auf dieses Abenteuer ein: es gilt als Gruppe gestellte Rätsel oder Aufgaben zu lösen. Das Ziel: den Code für die Tür zu knacken, das Geheimnis gemeinsam zu entschlüsseln. Ein detektivisches Spiel, das viele erfreut. Um am Ende dem Escape Room aus der geöffneten Tür wieder zu entkommen.
Auch die vor uns liegende Adventszeit ist eine Zeit der Türen. Der großen und der kleinen Türen, der offenen und der geschlossenen, der gesungenen und gesprochenen.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, singen wir in den Kirchen.
24 Türchen im Adventskalender wollen der Reihe nach geöffnet werden. Türchen für Türchen. Und hinter den Türchen? Verbirgt sich ein Geheimnis, eine Überraschung: Süßes, etwas zum Basteln oder etwas Genussvolles. Eine Fülle unterschiedlichster Adventskalender lädt zum Türen öffnen ein. Adventskalender sind ja inzwischen nicht nur für Kinder, sondern auch Erwachsene und sogar Haustiere werden mit einem unerschöpflichen Angebot bedient.
Anders als im Escape Room ist das Öffnen der Türchen beim Adventskalender ein Kinderspiel. Zum Öffnen brauchen wir keine Codes. Wir müssen keine Rätsel lösen.
Das passt zu dem Fest auf das wir uns im Advent vorbereiten. Am 24. Dezember dürfen wir einfach dazukommen, ohne Anstrengung.
Da gibt es keine Tür – der Stall wird offen sein. Vielleicht ein wenig dunkel, zugig und kalt – so wie wir unsere Welt gerade erleben. Aber im Stall wird das Licht hell leuchten. Das Geheimnis ist für alle offenbar: Ich bin bei Gott willkommen. So wie ich bin. Als Mensch. Und so will mir Gott begegnen.
Pfarrer Hartmut Lauterbach, St.-Mang-Kirche
„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung zum 1. Adventswochenende (30. November / 1. Dezember 2024)
Zeit für Suppe
Maronen-, Kartoffel-, Tomatensuppe - November ist Suppenzeit. Sie wärmen, sie haben etwas heimeliges, besonders die orangene Kürbissuppe leuchtet dem Novembergrau entgegen. Nicht alle teilen meine Euphorie, das weiß ich. „Eine Suppe reicht maximal zur Vorspeise, aber dann brauche ich schon noch was G’scheits“, so sagte mir neulich jemand, den ich mit meiner Suppen-Begeisterung noch nicht anstecken konnte.
In letzter Zeit ist mir aber ehrlich gesagt auch ein bisschen der Appetit vergangen. Während die Natur einen Gang zurückschaltet, überschlagen sich die Nachrichten aus Übersee und unserem eigenen Land. Am Volkstrauertag wird an die Opfer von Gewalt und Krieg erinnert, während an vielen Orten weitergeschossen wird.
Im Predigttext für diesen Sonntag mischt sich Paulus in einen Streit in der römischen Gemeinde ein. Es geht darum, was Christen essen dürfen und was nicht. Auch wenn Paulus keine Meinung zum Thema Herbstsuppen hat, so äußert er einen ganz allgemeinen Rat für alle, die sich gerne streiten und nur auf ihr eigenes Wohl bedacht sind: „Keiner lebt sich selber und keiner stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“ (Röm 14,7f) In meinen Worten: Niemand sollte sich anderen überlegen fühlen, denn wir gehören alle zu Gott. Sein Reich wird man am Frieden erkennen (Röm14,17) fügt Paulus noch an und ich kann nur unterstreichen, wie dringend wir diese Worte mit Leben füllen müssen.
Wie das aussehen kann? Das zeigt ein Blick in die Geschichte unseres Nachbarlandes Schweiz. Im Laufe des 16. Jahrhunderts ereignete sich bei Kappel am Albis ein Krieg, auf den keiner so recht Lust hatte. Heinrich Bullinger, ein Zürcher Reformator, berichtet später: Die Soldaten standen sich im Jahre des Herrn 1529 gegenüber, aber keiner wollte angreifen. Anstatt sich zu bekriegen, setzten sie sich an einen Tisch und aßen gemeinsam Suppe. Eine wirklich gute Idee, auch für den November 2024.
Pfarrer Tim Sonnemeyer, Christuskirche Kempten
Wort zum Sonntag in der Allgäuer Zeitung 16./17. November 2024