Wort zum Sonntag:

Taufe als Symbol der Gemeinschaft

Im „Bauernkrieg“ vor 500 Jahren spielten auch Glaubensfragen, über die Altgläubige und Reformatorische zu dieser Zeit erbittert stritten, eine wichtige Rolle: Soll der Kelch weiter nur den Priestern vorbehalten bleiben? Sollen weiter Kinder getauft werden können, oder kann es nur die Glaubenstaufe für Erwachsene geben?

Wenigstens in letzterer Frage herrscht heute weitestgehend Einigkeit: Die meisten Konfessionen erkennen die Taufe gegenseitig an. Deshalb gilt sie vielen als „Grundsakrament“, das alle Konfessionen verbindet. Nach der Taufe aber ist es mit der Einigkeit schnell vorbei. Und ausgerechnet bei der Frage, wer bei der Eucharistie bzw. beim Abendmahl dabei sein darf, spielt das angeblich so verbindende „Grundsakrament“ auf einmal gar keine Rolle mehr. Hier ist plötzlich die Zugehörigkeit zu einer Konfession entscheidend und nicht die Taufe.

Wenn aber alle Getauften in der Taufe „Christus angezogen haben“, wie soll dann jemand vom Mahl Christi ausgeschlossen werden können? Und warum schließen sich getaufte Christinnen und Christen gegenseitig aus, anstatt einander einzuladen und miteinander zu feiern?

Ist es nach fünfhundert Jahren nicht an der Zeit, damit zu beginnen? Ist es nicht höchste Zeit, die Taufe als „Grundsakrament“ ernstzunehmen und deshalb einander einzuladen und miteinander zu feiern?

Christoph Lichdi, Altkath. Kirche Kempten

„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 22./23. März 2025

 

Heute ist Weltfrauentag

Heute ist Weltfrauentag. An vielen Stellen bekommen Frauen heute Blumen geschenkt. Das ist ein schönes Zeichen. Aber es braucht mehr! Wachsen und blühen soll die Gerechtigkeit unter den Geschlechtern. Wachsen und blühen sollen der gegenseitige Respekt und die Wertschätzung und ein entschiedenes Eintreten gegen jegliche Art von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Leider sind wir davon immer noch viel zu weit entfernt. Deswegen ist der Weltfrauentag ein wichtiges Zeichen - nicht nur für die Frauen. Dass die Situation von Frauen sich Stück für Stück verbessert, dafür brauchen wir auch die Männer! Nur gemeinsam können wir erreichen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Dass Männer und Frauen gleiche Rechte haben, gleiche Chancen und vor Gewalt geschützt sind. Denn Gott hat beide nach seinem Ebenbild geschaffen, als Mann und als Frau. Gleichgestellt und ohne Gefälle.

Ich bin dankbar für die vielen Männer, die selbstverständlich daran mitwirken, dass Ungerechtigkeiten ausgeglichen werden. Ich bin dankbar für so viele unermüdliche Frauen, die sich für ihre Rechte und füreinander einsetzen. Wir brauchen einander, um auch in unserem Alltag genau hinzuschauen. Gewalt hat viele Gesichter. Schauen wir nicht weg, wenn uns etwas auffällt. Schweigen wir nicht, wenn Frauen kleingemacht werden. Trauen wir uns, Hilfe zu holen und sie in Anspruch zu nehmen. Danke - im Namen der Hälfte der Menschheit.

Pfarrerin Julia Cleve, Johanneskirche Kempten

„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 8./9. März 2025

 

 

„Du hast/ bist gewählt“

Wenn wir als Jungs auf der Wiese Fußball gespielt haben, wurden von allen demokratisch erst einmal die zwei stärksten Spieler gewählt. Dann durften diese immer abwechselnd ihre Mitspieler wählen. Ich konnte nur hoffen, möglichst bald gewählt zu werden. Wenn ich als letzter aufgerufen wurde, war ich nicht gut genug. Dann war ich oft in der Mannschaft von einem starken, egoistischen Torjäger, der immer den Ball nur für sich forderte. Ich stand dann oft nur herum und wir verloren. Daraus lernte ich: Manchmal hätten wir besser nicht dem stärksten Torschützen die Macht überlassen sollen. Meistens war es besser, dem stärksten Teamplayer die Macht zu übergeben. Der hat uns alle stark gemacht.

Was hat das mit Glauben zu tun? Jesus sagt seinen Jüngerinnen und Jüngern: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch auf den Weg macht und Frucht bringt - Frucht, die bleibt.“ (Johannes 15,16)

Ich lerne daraus: 1. Gott hat die Macht und das letzte Wort. Nicht die scheinbar starken Egoisten dieser Welt. Das nimmt mir die Angst.

2. Für Gott bist ich immer gut genug. Er kann mich brauchen. Das macht mich stark.

3. Wir werden am Ende nur als Team gewinnen, weil für Gott die Mannschaft zählt, die die vielen unterschiedlichen Menschen zu einer Gemeinschaft zusammenschweißt.

Du bist gewählt!

Pfarrer Hartmut Babucke, Johanneskirche Kempten und Buchenberg

„Wort zum Sonntag" in der Allgäuer Zeitung 22./23. Februar 2025